Anjalie Chaubal 
Rede anlässlich der Ausstellung Stefan Göler – Almut Determeyer
art:phalanx Regensburg Oktober 2010
Stefan Göler stellt in seinen Arbeiten immer wieder Figur und Mensch in den Mittelpunkt seiner künstlerischen Auseinandersetzung und erzählt Bildgeschichten zwischen Realität und Imagination, zwischen Ratio und Emotion, zwischen Ordnung und Chaos. Seine Zeichnungen und Collagen thematisieren den Menschen als rationales und emotionales Wesen, beleben die Dinge, die ihn umgeben als Teil eines freiheitlichen, selbst bestimmten Weltbildes, das sich oftmals in skripturalen Einschreibungen konkretisiert. Vom „Denker“ über den „Sänger“ und  „Volksverhetzer“, die jeweils als Kopf ohne Rumpf mit den Beinen eines Stuhls bestückt wurden, finden sich literarische Kürzel, Wortspielereien und auch motivische Vermischungen wie Köpfe mit einverleibter Weltkugel oder bedeckt mit einem „Gedanken-Gebäude“ aus Pergamentpapier. Überhaupt gilt dem Künstler der Kopf als Grundmotiv, ob in philosophischen Fragestellungen oder in lustvollen Spielereien. Aus den Köpfen wachsen die Gedanken, werden zu Bildern visualisiert, wandeln sich zu neuen Aggregatszuständen. Sie erzählen von Menschen, setzen vermeintliche Kleinigkeiten ins Bild oder machen Wichtiges leicht, wie schon Horst Sauerbruch über die Illustrationen zu Canettis „Masse und Macht“ 1991 schrieb. Der Professor hat ohnehin großen Einfluss auf den Künstler ausgeübt, vor allem, indem er ihn mit seiner Doppelbegabung als Bildender Künstler und Musiker in beide Richtungen förderte. 
Besonders Gölers Collagen stellen witzig und ironisch gesellschaftliche Normen in Frage, visualisieren Ängste, Wünsche und Sehnsüchte aber auch Vergänglichkeit und Lebenslust. Sie durchbrechen die Sehgewohnheiten des Betrachters und verwandeln eingearbeitete Materialien zu symbolhaften Zeichen. Papier, Holz, Zwirn oder Blech werden geschnitten, geklebt oder gefädelt und durchdringen oftmals den Bildträger. Aufgenähte Fäden beschreiben Linien, setzen inhaltliche Verbindungen, Objekte ragen über die Begrenzungen der Bildfläche hinaus oder werden frei schwebend im Raum installiert. Markante Stellen werden durch ölgetränkte Flächen oder farbige Untermalungen verstärkt in den Fokus gesetzt. 

Göler liebt das kleine Format zur Visualisierung spontaner Ideen und die Ursprünglichkeit einfacher Materialien, die kombiniert mit assoziativ ausgelösten Zeichnungen einer informellen Darstellungsweise folgen. Gestisch spontan treffen seine Arbeiten ins Bewusstsein des Betrachters, werfen existentielle Fragen auf und überraschen durch ihre spielerische Leichtigkeit. Sie bewahren sich trotz ihrer komplexen und schonungslosen Themen eine kindlich direkte Darstellungsweise.

Begegnet man Stefan Göler in seinen Wohn- und Arbeitsräumen, findet man eine große Anzahl seiner Arbeiten, die ihn täglich umgeben, ihn immer wieder inspirieren und ihm teils so lieb geworden sind, dass es schwierig ist, sie ihm zu entreißen. Diese enge Beziehung zeugt von permanenter Überprüfung der eigenen Arbeit und intensiver Auseinandersetzung mit immer wiederkehrenden Themen. Er ist ein wacher Geist und Zeichner mit Leib und Seele.

© 2010 Anjalie Chaubal
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